Zur Navigation springen Zum Inhalt springen

Werden die ökologischen Vorrangflächen von 5 auf 7 % erhöht? Foto: agrar-press

Eine Agrarreform steht für dieses Jahr zwar nicht an, und auch eine Halbzeitbewertung der seit 2015 geltenden Reform ist nicht vorgesehen.

Einen solchen "Mid-Term-Review" gab es nur für den seit 2014 laufenden mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union. Er ist für das Agrarbudget glimpflich abgelaufen und sieht Konstanz bis zum Ende der Finanzperiode vor. Allerdings wurden die Möglichkeiten, Mittel im Gesamtbudget umzuschichten, erhöht. Im Rahmen dieser Flexibilität könnten bei außergewöhnlichen Ereignissen oder Krisen außerhalb der Landwirtschaft auch Mittel aus dem Agrarhaushalt für andere Zwecke entnommen werden.

Auch ohne Halbzeitbewertung stehen für dieses Jahr agrarpolitische Entscheidungen an, die ganz erhebliche Auswirkungen auf die Situation der Landwirte und insbesondere ihr Einkommen haben können.

Werden die ökologischen Vorrangflächen verändert?

Bis Ende März muss die Europäische Kommission einen Bericht vorlegen, ob im Rahmen des Greenings die Vorgabe von ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) auf den Betriebsflächen eines Prämienempfängers von 5 auf 7 % hochgesetzt werden soll. Bekanntlich hatte die Kommission im Vorfeld der vorherigen Reform 7 % ÖVF vorgeschlagen, konnte sich jedoch nicht gegenüber Parlament und Ministerrat durchsetzen. Die Anhebung um zwei Prozentpunkte wäre eine Steigerung um 40 % und würde den Betrieben einen erheblichen Mehraufwand abverlangen.

Da die meisten Landschaftselemente bereits beantragt sein dürften und der Leguminosenanbau durch das von der EU-Kommission geplante Pflanzenschutzverbot unattraktiv ist, wäre die Mehrfläche vor allem durch den Anbau von Zwischenfrüchten oder Bracheflächen und Brachestreifen zu erbringen. Diese Flächen sind nicht produktiv und würden eine empfindliche Einkommenseinbuße für die Landwirte mit sich bringen.

Der Berufsstand wird sich in Berlin und Brüssel für die Beibehaltung der bisherigen Regelung einsetzen. Ein Anhebungsvorschlag durch den EU-Agrarkommissar Phil Hogan würde seinem bislang kaum eingelösten Vereinfachungsversprechen zur EU-Agrarpolitik widersprechen - empfinden die Landwirte doch gerade die Greeningumsetzung schon heute als zu aufwendig und viel zu kompliziert.

Obwohl keine Halbzeitbewertung vorgesehen ist, hat Kommissar Hogan angekündigt, im Sommer 2017 ein Diskussionspapier zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 vorzulegen. Neben dem Thema Vereinfachung sollen darin Vorschläge entwickelt werden zu den Themen Umgang mit Marktrisiken und Marktvolatilitäten, Präsenz im Agrarhandel und bei Agrarexporten, Klimaschutz und Umweltleistungen und Generationswechsel in der Landwirtschaft.

Dieses Papier wird auch die Diskussion darüber befeuern, wie es mit der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020 weitergehen soll. Diese Diskussion ist zumindest in Deutschland ohnehin bereits im Gange. Insbesondere Natur- und Umweltverbände präsentieren Vorschläge, die darauf abzielen, die positive ökologische Wirkung der Agrarpolitik für Natur und Umwelt zu erhöhen.

Die Vorschläge sehen entweder eine stärkere Bindung der Zahlungen in der Ersten Säule an ökologische Leistungen vor wie zum Beispiel das Punktesystem des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege, oder sie favorisieren eine stärkere Umverteilung der Mittel in die Zweite Säule. Dort sollen die Mittel dann noch weitgehender für Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen und für mehr Tierwohlleistungen eingesetzt werden.

Umverteilung der Mittel in der Diskussion

Eine Diskussion über eine höhere Umverteilung in die Zweite Säule dürfte aber bereits in diesem Jahr aufflammen. Die Mitgliedstaaten können nämlich ihre seit dem Jahr 2015 geltende Umverteilungsentscheidung noch einmal ändern. Die Änderung wäre der EU bis zum 1. August 2017 mitzuteilen - also noch vor der Bundestagswahl.

Deutschland lässt bislang 4,5 % jährlich aus der Ersten in die Zweite Säule fließen. Das EU-Recht ließe aber auch bis zu 15 % zu. Die grünen Länderagrarminister hatten die höchstmögliche Umverteilung von 15 % schon ab 2015 gefordert, bis die damalige Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner in einem Kompromiss den deutlich niedrigeren Prozentsatz aushandelte. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hat sich noch nicht geäußert. Die grünen Agrarminister dürften ihre alte Forderung nun wieder hervorholen. Der Umwelt- und Landwirtschaftsminister des Landes Schleswig-Holstein, Robert Habeck, klagt schon jetzt darüber, dass ab dem kommenden Jahr kaum noch Mittel in der Zweiten Säule zur Förderung und Ausdehnung des Biolandbaus und für Vertragsnaturschutzmaßnahmen zur Verfügung stünden.

Keine Beteiligung des Bauernverbandes

Aber Habeck geht noch weiter. Er schlägt für die Zeit nach dem Jahr 2020 eine völlige - wenn auch schrittweise - Umverteilung der Mittel aus der Ersten in die Zweite Säule vor. "Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen" heißt das Schlagwort, mit dem man diesen massiven Kurswechsel in der Europäischen Agrarpolitik begründen will. Damit nähme man Abschied von der bisherigen Einkommenspolitik für die Landwirte und ihre Familien, die seit Beginn der Gemeinsamen Agrarpolitik im Zentrum gestanden hat.

In seinem Kieler Ministerium hat der grüne Ressortchef dazu eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die die genauen Vorschläge schon seit über einem Jahr entwickelt. Dem Vernehmen nach sollen die Ergebnisse schon demnächst vorgestellt werden. Trotz entsprechender Forderungen des Bauernverbandes Schleswig-Holstein ist der Berufstand an diesen Überlegungen nicht beteiligt worden. Damit bricht man mit der bisherigen Handhabung auch rot-grüner Landesregierungen. Im Vorfeld der Reform aus dem Jahr 2005 und dem Jahr 2015 gab es jeweils gemeinsame Arbeitsgruppen mit dem Bauernverband, die die nationale Umsetzung erörtert haben. Nun gibt es vor der Veröffentlichung wohl nicht mal eine Anhörung der Landwirtschaft und damit der Betroffenen der Vorschläge.

Bauernverband Schleswig-Holstein