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Unsere schleswig-holsteinischen Landwirte bauen Mais an, um damit ihre Rinder und ihre Biogasanlagen zu füttern. Mais ist für die Bauern eine wertvolle Kulturfrucht und als C4-Pflanze(a) besonders ertragreich. Da in Schleswig-Holstein aufgrund seiner Gunstlage mehr Milch erzeugt wird und Biogasanlagen öffentlich gefördert werden, hat der Maisanbau in Schleswig-Holstein bis 2011 kontinuierlich zugenommen.

Die Maispflanze wird im Laufe des Jahres immer höher und ab dem Spätsommer kann man über ein Maisfeld nicht mehr hinweggucken. Wegen der guten Erträge sind ab Oktober viele Transporte nötig. Diese Auswirkungen des Maisanbaus sind unbestritten. Ansonsten gibt es aber eine ganze Reihe von Vorurteilen gegen den Mais, die nicht zutreffen

1. "Maisanteil in Schleswig-Holstein beträgt 25%"

Die Maisanbaufläche betrug 2014/15 167.400 Hektar (ha). Das sind 26.600 ha weniger als im Rekordanbaujahr 2011 und etwa 17% der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche (989.400 ha). Winterweizen beanspruchte hingegen 19,4%, Raps 9,1% und Wintergerste 6%. Auf sandigen Standorten nimmt Mais mehr Fläche in Anspruch, es gibt hier jedoch zurzeit auch keine wirtschaftlichen Alternativen.  Die Hälfte der Maisanbaufläche wird für die Rinderfütterung benötigt.(1)

2. "Maisanbau führt zu Humusabbau"

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass 20-jähriger Maisanbau nicht zu kritisch niedrigen Humusgehalten führt. Es zeigte sich, dass einige Flächen sogar Dauergrünland-Humusgehalte aufwiesen und damit besser als mehrjährige Ackerfruchtfolgen waren. Humus-Ausgleich durch Gülle, Gärrest, Fruchtfolge oder Zwischenfruchtanbau ist dennoch wichtig. Es besteht aber keine Gefahr für nachfolgende Generationen.(2)

3. "Nur wenig Landwirte (420) profitieren vom Maisanbau"

In Schleswig-Holstein bauen schätzungsweise über 4.000 Landwirte Mais an. Durch die Nutzung als Futtergrundlage für die Rinderhaltung und die Biogaserzeugung profitieren somit sehr viel mehr Landwirte davon. Zudem werden durch Biogas bereits 5,9% des Stromverbrauchs und 0,9% des Wärmeverbrauchs des Landes gedeckt. Das liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt.(6)

4. "Mais verschlechtert die Artenvielfalt"

Umfangreiche Studien zeigen, dass bis zu einem Maisanteil von 40% der landwirtschaftlichen Nutzfläche keine negativen Effekte auf die Artenvielfalt entstehen. Im östlichen Hügelland führt der Maisanbau sogar zu einer Erweiterung der Raps-Weizen-Weizen-Fruchtfolge und erhöht die Kulturartenvielfalt. Hier stellen Maisäcker eine grüne Brücke dar, wenn Raps und Weizen abgeerntet sind.(3)

5. "Maisanbau erhöht den Einsatz von Dünger und Pestiziden"

Mais benötigt zum Erreichen des Maximalertrags (12 t bis 16 t Trockenmasse (TM) je ha) nur 120 bis 160 kg/ha Stickstoff (N). Für 11 t bis 13 t TM Weizen (Ganzpflanze) werden 220 bis 240 kg N/ha benötigt. Durch Rückführung der Gärreste können bis zu 50 kg N/ha eingespart werden. Mais kann zudem mit 1 kg Stickstoff mehr Biomasse erzeugen als Getreide. Der Pflanzenschutzmittel (PSM)-Einsatz beschränkt sich auf Herbizide (Unkrautbekämpfung) mit einer bis maximal zwei Behandlungen (Weizen benötigt zwischen 3,2 und 4,7 Behandlungen).(6)

6. "Maisanbau belastet das Oberflächen- und Grundwasser"

Bei optimaler Produktionstechnik sind die Stickstoffausträge in einer Maismonokultur nicht höher als bei Mais-Weizenfruchtfolgen(4). Die N-Auswaschung je produzierter Tonne Trockenmasse ist bei Mais geringer und damit die Ökoeffizienz besser. Optimierungsbedarf besteht beim Düngemanagement der Maisanbaubetriebe. Das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MELUR), die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und die Landwirtschaftskammer (LWK-SH) entwickeln Optimierungsstrategien für die Maisdüngung. 

7. "Maisanbau fördert die Erosionsgefahr"

Die angebaute Kultur ist nicht allein maßgebend für das Erosionspotenzial. Faktoren wie Relief, Knickstruktur, Bodenart und Niederschläge sind für die Bewertung der Erosionsgefahr entscheidend. Durch die "Landesverordnung zur Erhaltung der wasser- und winderosionsgefährdeten landwirtschaftlichen Flächen" wurden alle Flächen in SH auf ihre Erosionsgefährdung (Wasser oder Wind) bewertet und mit Bewirtschaftungsauflagen versehen. Somit ist für die erosionsgefährdeten Flächen bereits ein ausreichender Erosionsschutz durch Maßnahmen wie Engsaat, Pflugverzicht oder Anbau quer zur Hauptwindrichtung gegeben. Für andere Flächen, bei denen keine Erosionsgefährdung vorliegt, muss die Entscheidung über Maßnahmen wie pfluglose Bestellung, Direktsaat, Herbst- oder Winterbegrünung  im Ermessen des Betriebsleiters bleiben.

8. "Der Anbau von Mais benötigt besonders viel Energie"

Durch den sparsamen Energieeinsatz (Treibstoff, Dünger, PSM) und die hohe biologische Leistungsfähigkeit der Pflanze sowie die optimale Nutzung der ganzen oberirdischen Pflanze kann bei einem Frischmasse (FM)-Ertrag von 450 dt /ha eine Energiemenge von 250 Gigajoule je Hektar (GJ/ha) geerntet werden. Getreidekörner erreichen lediglich einen Ertrag von 140 GJ/ha bei 100 dt/ha. Abzüglich des Inputs ergibt sich ein Energiegewinn von 238 GJ/ha. Das sind rund 113 GJ/ha mehr als bei Getreidekörnern.(5)

9. "Maisanbau schädigt das Klima"

Durch den geringen Betriebsmitteleinsatz sind die spezifischen Treibhausgasemissionen gering. Unter optimalen Verhältnissen beträgt der Ausstoß je GJ Produkt nur 10 kg CO2-Äquivalent. Wird die Nährstoffversorgung zu 70% durch organische Dünger abgedeckt, beträgt die spezifische Emission immer noch weniger als 18 kg CO2-Äquivalent. Zum Vergleich: Im Rapsanbau liegt sie unter günstigen Bedingungen bei 21 kg CO2-Äquivalent je GJ.(5)

10. "Mais ist verantwortlich für die Strohknappheit"

Die Ausweitung des Maisanbaus hat keinen Einfluss auf die Weizenanbauflächen (Hauptlieferant für Stroh). 2010 wurden 207.956 ha, 2012 222.000 ha und 2015 190.900 ha Weizen angebaut. Die Weizenfläche pendelt demnach um die 200.000 ha(1). Ursachen für den Strohmangel in 2011 waren einzig und allein die schlechte Bestandsentwicklung im Frühjahr und die schlechten Erntebedingungen im Sommer.

11. "Mais ist Schuld am Braugersten-Engpass"

Der Anbau von Sommergerste, die als Braugerste genutzt werden kann, wurde gegenüber dem Jahr 2010 um mehr als das Doppelte auf 8.100 ha in 2012 ausgedehnt. Grund für Engpässe waren schlechte Erntebedingungen. 

12. "Maisanbau führt zu weniger Raps in 2012"

Die extrem feuchte Witterung im August 2011, der Aussaatzeit für Raps, führte dazu, dass viele Flächen nicht mit Raps bestellt werden konnten. Die Erntefläche für 2012 (60.500 ha) ist daher geringer ausgefallen. Der Rapsanbau ist in den folgenden Jahren wieder entsprechend der jeweiligen Fruchtfolgenanteile angepasst worden (2015: 90.900ha).

13. "Die Maisbauern machen sich wenig Gedanken über die Bedenken der Bevölkerung"

Gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium, der Landwirtschaftskammer, dem Gemeindetag, der Fachgruppe Biogas, dem Landesverband der Lohnunternehmer und der Maschinenringe, der CAU, dem Deutschen Maiskomitee und dem Kompetenzzentrum Biomassenutzung hat der Bauernverband S.-H. "Empfehlungen zur Optimierung des Maisanbaus in S.-H." erarbeitet. Diese zeigen Möglichkeiten auf, um den Anbau von Mais (Fruchtfolge, Düngung etc.) zu optimieren, das Wegenetz während der Maisernte (z.B. 30 km/h auf Feldwegen oder Einbahnverkehr) zu schonen oder durch die Anlage von Blühstreifen einer Monotonisierung des Landschaftsbildes entgegenzuwirken.

14. "Der Maisanbau ist schuld an der Explosion der Schwarzwildbestände"

Wissenschaftliche Auswertungen zeigen, dass z. B. in den ostdeutschen Bundesländern die Anbaufläche von Mais über viele Jahre sehr konstant geblieben ist, dennoch stieg die Schwarzwildpopulation seit den 70er Jahren konstant an. In Österreich nahmen die Jahresstrecken von 1985 bis 2000 stetig zu, während die Maisanbaufläche im gleichen Zeitraum um die Hälfte abnahm. Wesentlich höheren Einfluss auf die Vermehrungsraten haben Eicheln und Bucheckern. Die starken Fruchtansätze bei Buchen und Eichen, insbesondere in den letzten Jahren, fördern die Fruchtbarkeit der Bachen und die Überlebensrate der Frischlinge. Schneearme und milde Winter reduzieren zudem die Wintersterblichkeit(7). Für diesen Zusammenhang spricht auch, dass nach dem langen und kalten Winter 2010/11 vielerorts von einem geringeren Schwarzwildaufkommen gesprochen wurde.

Anmerkungen

(a) C4-Pflanzen nutzen einen zusätzlichen Stoffwechselweg um CO2 für die Photosynthese zu fixieren und erst dann wie C3-Pflanzen (z. B. Weizen) zu Kohlenhydraten aufzubauen. Durch diese Fähigkeit ist die Photosynthese besonders effizient. 

Quellen

1 Statistikamt Nord (2015 und Vorjahre), Die Bodennutzung in Schleswig-Holstein 2015
2 Taube F, Herrmann A, Loges R (2011) Grünlandumbruchverbot: Für Schleswig-Holstein gerechtfertigt? Schriftenreihe der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel, Heft 117, 47-54.
3 Freier B (2011) Sind Mais und Biodiversität ein Gegensatz? Mais 1/2011, 12-15. Neumann H, Loges R, Taube F (2009) Ausdehnung der Maisanbaufläche infolge des "Biogas-Booms" - ein Risiko für Feldvögel? Berichte über Landwirtschaft 87, 65-86. Otte A (2010) Biogas und Biodiversität –ein Gegensatz? Symposium "Energiepflanzen – Landschaft der Zukunft", 11. März 2010, Neu-Anspach. 
4 Svoboda N (2011) Auswirkungen der Gärrestapplikation auf das Stickstoff-Auswaschungspotential von Anbausystemen zur Substratproduktion. Dissertation, CAU Kiel.
5 Breitschuh T, Gernand U; Nachhaltigkeit im Maisanbau sichern, VAFB Thüringen
6 Taube F, Herrmann A (2011), Stellungnahme zur Einlassung des Landesnaturschutzbeauftragten Klaus Dürkop zu dem Maisanbau für Biogaserzeugung in Schleswig-Holstein (KN vom 15.10.2011)
7 Arnold W (2008), Schwarzwild - Hintergründe einer Explosion, Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien, Auszug aus: Schwarzwildbewirtschaftung Fachseminar im Kloster Reute am 30. September 2008 (LAZBW); Statistisches Bundesamt: Statistische Jahrbücher der DDR (www.digizeitschriften.de)

Bauernverband Schleswig-Holstein