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Werner Schwarz. Foto: dbv

Die Amtsdauer aller Mitglieder der Organe des Bauernverbandes Schleswig-Holstein beträgt fünf Jahre. Die Zeit läuft, und so wird dieser Tage im ganzen Land über die Vertrauensmänner und -frauen auf Ortsebene abgestimmt. Im November setzt sich das auf Kreisebene fort und mündet am 11. Januar in die Wahlen des Landesvorstandes und schließlich des Bauernverbandspräsidenten. Was der Amtsinhaber Werner Schwarz zur Arbeit im Berufsstand denkt und wie er junge Menschen zum Mitmachen motivieren will, sagte er im Interview.

Hat der Bauernverband Nachwuchssorgen?

Werner Schwarz: Nein, keine direkten Nachwuchssorgen, aber wir stellen zunehmend fest, dass junge Leute ihre Betriebe entwickeln wollen, was richtig ist. In Vergessenheit gerät dabei, wie wichtig ehrenamtliches Engagement für die Gestaltung ihrer täglichen Arbeit ist. Denn eines will ich an dieser Stelle betonen: Das, was an Verordnungen und an Gesetzen kommt, will auch in einer Demokratie mitgestaltet sein. Diese Möglichkeiten müssen wir nutzen.

Konkretes Beispiel dazu?

Die Düngeverordnung! Wir haben als Landesbauernverband, aber auch als Deutscher Bauernverband um einen Kompromiss gerungen und ihn schließlich erreicht.

Der Altersdurchschnitt im Ehrenamt des hiesigen Bauernverbandes liegt bei Mitte 50. Könnte es sein, dass das Konzept, junge Menschen für das Ehrenamt zu begeistern, überholt ist?

Nein, das glaube ich ganz bestimmt nicht. Sehen Sie sich die ehrenamtliche Arbeit der Landjugend an. Sie ist heute genauso wichtig wie früher. Wir erleben insofern eine Veränderung, dass in der Landjugend heute nicht nur Landwirtinnen und Landwirte sind, sondern junge Leute mit anderen Berufen.

Da wäre es doch ein Leichtes, die Talente der Landjugend für den Bauernverband zu gewinnen.
Die Landjugend ist ein ganz wichtiger Teil im agrarpolitischen Konzert in Schleswig-Holstein. Und als Bauernverband unterstützen wir den Verband sowohl finanziell als auch ideell. Unsere Türen stehen durchaus offen für alle, die es wollen.

Trotzdem – die jungen Leute beim Bauernverband sind rar. Wo hakt es denn nun?
Mit Mitte bis Ende 20 beginnt normalerweise die Phase der Familiengründung und der Betriebsübernahme. Zehn oder 15 Jahre später kommt das Interesse, sich wieder mehr zu engagieren.

Blicken wir 30 Jahre zurück: Wie fand der Junglandwirt Werner Schwarz zum Ehrenamt?
Über die Arbeitsgemeinschaft junger Landwirte des Bauernverbandes. Als dessen Vorsitzender im Kreis Stormarn habe ich einen Sitz im Kreisvorstand gehabt und bin dort an die Arbeit herangeführt worden. Gesprächsrunden zur Agrarpolitik, aber auch Informationsabende und -reisen werden dort speziell für die jungen Leute organisiert. Das halte ich für ein ausgesprochen gutes Instrument. Es soll aber keinesfalls in Konkurrenz zur Landjugend stehen.

Der Bauernverband betont, dass sein Wahlsystem urdemokratisch ist. Warum ist das so wichtig?
Das Wahlsystem des Verbandes ist wirkliche Basisdemokratie. Das ist nicht einfach dahingesagt. Wir leben das. Ich muss das Vertrauen meiner Nachbarn im unmittelbaren Umfeld haben, damit ich für das Ehrenamt gewählt werde. Das hat etwas Anstrengendes, aber auch sehr Vorteilhaftes, denn der Kreisvorsitzende oder das Landesvorstandsmitglied wird somit von den Mitgliedern getragen und hat gegebenenfalls in brenzligen Situationen den nötigen Rückhalt.

Ein Beispiel?
Wir hatten in den vergangenen Jahren sehr schwere Zeiten in der Milchpolitik. Vor dem Rendsburger Bauernverbandsgebäude wurde demonstriert. Ich konnte mich auf ein breites Votum der Mitglieder berufen und selbstbewusst unsere Linie darstellen. Ein weiterer Punkt ist das Papier „Veränderungen gestalten“. Allein der Prozess, selbstkritisch mit unseren Mitgliedern über Veränderungen zu sprechen, war und ist für mich enorm wertvoll. Getragen von der einstimmigen Zustimmung im Landeshauptausschuss, unserem höchsten Gremium, zeigt dies, dass bei uns Basisdemokratie nicht nur bei den Wahlen, sondern auch bei den fachlichen Themen wirklich funktioniert.

Der Frauenanteil in der Landwirtschaft wächst stetig, im Bauernverband nicht, warum?
Ich würde mir wünschen, dass wir in den Gremien mehr Frauen haben, gerne auch als Landesvorsitzende. Vielleicht liegt es daran, dass wir immer noch eine sehr tradierte Aufgabenteilung auf den landwirtschaftlichen Betrieben haben. Hinzu kommt, dass viele Frauen sich beim LandFrauenverband engagieren. Wir wollen nicht in Konkurrenz dazu stehen, sondern im besten Falle einander ergänzen. Beispiele aus anderen Bundesländern belegen, dass man sich durchaus auch in beiden Verbänden engagieren kann. 

Das schönste Erlebnis Ihrer bisherigen ehrenamtlichen Tätigkeit?
Es gibt ganz häufig mal Ereignisse, wo ich denke: Wow, was darf Bauer Schwarz alles so erleben! Herausragend war eine Reise mit der Andreas-Hermes-Akademie zu einem Termin mit Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt in Sambia. Wann hab ich mal die Gelegenheit, Berufskollegen in Sambia zu treffen?

Welches Ereignis hat sich vor allem eingeprägt?
Ganz klar die Eröffnung einer weiteren Klasse im Berufsbildungszentrum Bad Segeberg, Fachbereich Landwirtschaft, vor drei Jahren. Außergewöhnlich viele Schüler hatten sich dort beworben. Als zuständiger Dienstherr hatten wir Landwirtschaftsminister Robert Habeck gebeten, eine weitere Schulklasse zu eröffnen – ohne Erfolg. Ich entschied mich, Ministerpräsident Torsten Albig das Anliegen vorzutragen. Er gab grünes Licht für eine weitere Klasse. Zuerst schien das Anliegen aussichtslos, und dann habe ich am Ende doch das Ziel erreicht.

Stichwort „soziale Verantwortung“ im Ehrenamt beim Bauernverband:
Ein Stück davon kann man sicherlich im Bauernverband auch ableisten, um dem Gemeinwohl etwas Positives zu tun.

Stichwort „Selbsterfahrung“:
Das lernt man im Ehrenamt mit Sicherheit, denn die Erfahrung, vor 1.000 Berufskollegen auf dem Landesbauerntag zu sprechen, hat nicht jeder.

Stichwort „Karriere“:
Wer Karriere unter dem Blickwinkel Ehrenamt sieht, vor allem Karriere unter dem finanziellen Aspekt, sollte versuchen, eine supergute Ausbildung zu machen, und einen Job in der Wirtschaft suchen. Bauernverband ist und bleibt ein Ehrenamt, bei dem es eine Aufwandsentschädigung gibt, aber nicht, um eine finanziell lukrative Karriere zu machen.

Und wie ist das mit dem Selbstwertgefühl?
Das kann im Ehrenamt positiv wie negativ beeinflusst werden. Bei mir selbst ist das je nach Tagesform. Ich kann nicht sagen, dass ich jeden Abend glücklich mit einem hohen Selbstwertgefühl nach Hause komme.

... und dem Zusammenhalt?
Erstens: Wir im Landesvorstand, unter den Kreisvorsitzenden, aber auch mit großen Teilen des Landeshauptausschusses sind eine tolle Gemeinschaft und diskutieren die Themen mit hohem Respekt miteinander. Zweitens, und das berührt mich immer wieder, die vertrauensvollen Begegnungen mit Betriebsleiterinnen und -leitern und deren Offenheit mir gegenüber. Das hat für mich einen ganz hohen Wert, den ich unheimlich genieße.

Werden Sie wehmütig bei dem Gedanken, dass Sie einmal nicht mehr Bauernverbandspräsident sein werden?
Nein, es wird Zeit, dass dann auch jemand anderes kommt. Insofern ist es wichtig, dass junge Menschen sich einbringen. Das liegt mir sehr am Herzen. Sowohl meine Kollegen auf Landes- als auch auf Kreisebene gestalten Politik für die Zukunft. Das kann nicht nur von alten Herren entwickelt werden. Deshalb kann ich also jeden nur auffordern, sich tatsächlich auch an den Wahlen zu beteiligen, sich in die Gremien wählen zu lassen, und wenn es auf Ortsebene ist. Wir brauchen Landwirte mit neuen Ideen, um auch in Zukunft die Interessen der Landwirtschaft mit Erfolg vertreten zu können.

Bauernverband Schleswig-Holstein