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Werner Schwarz. Foto: Kirsten Müller

Liebe Bäuerinnen und Bauern, es ist Weihnachten und damit die Zeit, Wünsche zu äußern. Viele Menschen auf Erden wünschen sich, satt zu werden, sicher leben zu können und ein Dach über dem Kopf zu haben. Viele von uns gehören zu den Privilegierten, die andere, größere und sicher auch unwichtigere Wünsche aussprechen dürfen. Manches davon erfüllen wir uns dann gegenseitig unter dem Weihnachtsbaum.

Vor einem Jahr waren auch unsere Wünsche existenzieller. Es ging darum, dass die Preise für unsere Erzeugnisse doch endlich steigen mögen. Sie haben es getan, weil sich der Markt gedreht hat. Fleisch ist nun gefragt, Milchprodukte ebenso. Wasser in den Wein gießt die Ernte mit teils schlechten Qualitäten und einer Kartoffel- oder Maisernte, die nicht überall zum Abschluss kam.

Auch die Herbstaussaat konnte längst nicht an jedem Standort erfolgreich beendet werden. Manches Güllelager gerät an die Kapazitätsgrenze. Doch weltweit sind die Probleme nicht nur existenzieller, sondern vor allem ungelöst. Die Weltbevölkerung wächst bis zum Jahr 2050 um ein Drittel, die Nachfrage nach Lebensmitteln steigt um 60 %. Wie bewältigen wir die Zukunft? Mit weniger Fleisch, weniger Dünger und Pflanzenschutz, weniger Fläche, weniger Bioenergie, weniger Natur für immer mehr Menschen? Das ist derzeit eine gängige Meinung. Ich halte nichts davon. Beschränkung ist keine Lösung. Weil es nicht klappt, und weil es tendenziell ungerecht ist.

Ich glaube, wir brauchen "mehr von allem":

  • Mehr Produktion! Die Weltagrarfläche schrumpft durch Versiegelung und Verwüstung, die Natur soll Flächen zurückerobern. Wie können wir in Zukunft neun Milliarden Menschen ernähren? Durch Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen. Das bedeutet vor allem in Entwicklungsländern mehr Input: Düngung und Pflanzenschutz sind hier der Schlüssel. Bei uns geht es vor allem darum, intelligent Produktionsmittel bei gleichem Output zu sparen.
  • Mehr Welthandel und mehr Wochenmarkt! Discount-Deutschland reicht nicht und macht vor allem nur wenige wohlhabend. Made in Germany ist im Ausland hoch angesehen und begehrt. Der Export bleibt wichtig für den Marktausgleich. Regionale Angebote geben dem einzelnen Betrieb einen Mehrerlös und müssen ebenso genutzt werden.
  • Mehr Technik! Ökolandbau und klassische Landwirtschaft werden ihren Ertrag steigern und negative Auswirkungen weiter abmildern. Wie? Durch technische Lösungen! Ich denke sogar, dass der Ökolandbau besonders vom technischen Fortschritt profitieren wird. Die Lösung liegt vor und nicht hinter uns.
  • Mehr Stabilität! Weltweit brauchen wir eine preisgünstige Erzeugung als Friedensgarant. Das geht nur mit stabilen Erträgen auf hohem Niveau. Und mit finanziell stabilen Betrieben. Umverteilungen der Direktzahlungen, kostentreibende und ertragsmindernde Auflagen helfen da nicht.
  • Mehr Achtung! Wer als Bauer gutes Geld verdient, würde es woanders ebenso schaffen. Warum wird man Landwirt? Diese Frage braucht eine befriedigende Antwort – von der Gesellschaft, aber auch von uns Bauern. Kommen wir doch ins Gespräch miteinander!

Wir Bauern gestalten Veränderung. Anfang des Jahres haben wir dazu eine Selbstverpflichtung erarbeitet, die unseren Weg in die Zukunft beschreibt. Wir gehen also selbstbestimmt und selbstbewusst – aber auch selbstkritisch ins neue Jahr. Wir werden gebraucht – mehr denn je.

Ich wünsche Ihnen Gesundheit in der Familie und im Stall, Zufriedenheit mit dem Erreichten und ein gesegnetes Weihnachtsfest.

Werner Schwarz

Bauernverband Schleswig-Holstein